Rechter Hetze widersetzen!

Statement zum Demogeschehen am 11. Januar 2016

Posted: Januar 20th, 2016 | Author: | Filed under: General | Kommentare deaktiviert für Statement zum Demogeschehen am 11. Januar 2016

Schon bei unserer Anmeldung der Demonstration am 11.01. mit dem Motto „Bass statt Hass“ wurde uns klar, dass konkurrierende Interessen nicht gleichwertig behandelt wurden oder werden. So wurde beispielsweise unsere Demonstration auf Grund von Einschätzungen des sächs. Verfassungsschutzes verlegt. Diese attestierten uns nämlich die Nähe zum „linksextremen“, „militanten Kleingruppenspektrum“ und argumentierten auch mit ähnlichen Einschätzungen über das Netzwerk-Bündnis „Leipzig nimmt Platz“.

Auch, was am Montag auf Seiten LEGIDA’s passierte, ließ uns sprachlos zurück: Auf der Facebookseite „LEGIDA“ wurde ab Montagmittag zu einer gemeinsamen Anreise mit Treffpunkt Bahnhof aufgerufen. Dafür braucht es eine Anmeldung, sobald eine Meinungsäußerung, ob mit oder ohne Kundgebungsgegenstände, stattfindet. Genau das passierte spätestens als sich die Gruppe zu ihrem Kundgebungsort am Naturkundemuseum aufmachte, jedoch ohne vorherige Genehmigung. Dieses Verhalten auf Seiten LEGIDA‘s als auch das „Nicht-Ahnden“ der Polizei ist in den letzten Wochen und Monaten Alltag geworden, und stellt einen erheblichen Verstoß gegen das sächsische Versammlungsrecht dar. Nur als Kontrast: Würden wir zu einem Treffpunkt für eine „gemeinsame Anreise“ etc. aufrufen, müssten wir davon ausgehen, entweder von einem Polizeiaufgebot empfangen und/oder dann dort von selbigem gekesselt zu werden, von einer „sicheren Anreise“ ganz zu schweigen. So kam es bei vorherigen Treffpunkten für Anreisen zu Gegendemonstrationen häufig zur direkten Unterbindung einer gemeinsamen Anreise durch Großaufgebote der Polizei und zu Überwachungen durch einen Polizeihubschrauber.

Dazu waren auf LEGIDA‘s „Anreisestrecke“ und am Hauptbahnhof am Montag auch verhältnismäßig wenig Beamten eingesetzt. Wie sich im Laufe des Abends zeigte, gingen die Einsatzkräfte wohl davon aus, dass LEGIDA-Teilnehmer_innen auch auf anderem Wege anreisen würden und nahmen damit in Kauf, dass diese Anreise auch über unsere Demoroute erfolgte. Dies geschah dann auch, unter anderem über den Dittrichring und die Westseite des Richard-Wagner-Platzes als Konsequenz der ungehinderten Nutzung der Schienenunterführung (Astoria). Die dort ebenfalls geringe Polizeipräsenz lässt darauf schließen, dass diese nicht drauf bedacht waren, die Lager effektiv zu trennen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Ordnungskräfte kleinere Wortgefechte und Streitereien wissentlich in Kauf nahmen, möglicherweise auch um eventuell resultierende Ereignisse daraus zur überspitzten Darstellung unserer Teilnehmer_innen zu nutzen.

Auf der Kundgebung von LEGIDA kam es dann erneut zu Angriffe auf Journalist_innen, auch wurden des Öfteren die Auflagen missachtet, z.B. als eine sich eine größere Gruppe auf Höhe eines Supermarktes abspaltete und sich dort mit reichlich Bier aus Glasflaschen eindeckte. Ein Ahnden dieser Verstöße durch Ordnungsamt oder Polizei ist uns nicht bekannt.

Im Nachhinein lässt sich zu den Teilnehmerzahlen anmerken: Zwar konnten Montag viele Menschen auf Seiten LEGIDA mobilisiert werden, ohne die Hilfe besonders aus den Kreisen Dresden und Ostthüringen wäre der Haufen deutlich kleiner gewesen. Zudem bekam LEGIDA wohl auch Zulauf aus Berlin, Brandenburg und sogar aus Dortmund. Dieser Schachzug war eigentlich nur logisch, wenn man die geringen Zahlen vor Weihnachten betrachtet. Die daraus hervorgehende Entwicklung ist jedoch deutlich dramatischer. Während die ursprüngliche Zielgruppe, das erzkonservative Bürgertum, dass immer gerne als „besorgte Bürger“ deklariert wird, nicht mehr dem Ruf zu folgen scheint, orientiert man sich nun anderweitig. Vielmehr rekrutiert man jetzt aus offen rechtsradikalen Kreisen wie der NPD und Konsorten, der Hooliganszene, die selbst als Anmelder schon öfters auftrat, und innerhalb der Neuen Rechten und der freien Kameradschaftsszene. Damit hat man das bürgerliche Lager vollkommen verlassen, und die AfD rechtsaußen überholt. Dies zeigte auch die Auswahl von LEGIDA’s Gästen und Redner_innen, wie Tatjana Festerling und der Sänger von Kategorie C, die ganz klar auch im Anbetracht ihrer Beiträge auf der Kundgebung nicht ins besorgt-bürgerliche, sondern ins rechtsradikale Spektrum einzuordnen sind.

Nach dem hässlichen Teil des Demogeschehens, nun zum hässlichsten des Abends:
In Connewitz und auch Gohlis kam es zu Randalen durch ebengenannte Hooligans und die freie Kameradschaftsszene, auch JN- und NPD-Anhänger partizipierten wohl. Besonders im Süden war das Ausmaß der Zerstörungsgewalt immens: Betroffene sind neben wenigen klar linksorientierten Lokalitäten, v.A. mittelständige Einzelhändler_innen. Der Überfall war scheinbar von langer Hand geplant und wurde sogar bei Twitter einschlägigen rechtsradikalen (Facebook-)Seiten angekündigt. Deshalb muss auch der Verfassungsschutz Zugriff auf Informationen bzgl. bevorstehender Gewaltanschläge seitens rechts gehabt haben.
Auch muss klar sein, dass diese Angriffe nur im Zusammenhang mit dem Marsch von LEGIDA in der Innenstadt zu verstehen sind.

Nicht nur erzeugt die gesamte GIDA-Bewegung ein Umfeld, dass Angriffe auf Andersdenkende Alltag werden lässt, sondern besonders in Leipzig ist die Verbindung zwischen LEGIDA und den rechten Hooliganszene allgegenwärtig. So ist Silvio Rössler – zwischenzeitlich Initiator von LEGIDA – selbst Ex-Lok Leipzig-Hooligan. Weitere Teile der Lok-Szene, aber auch Hooliganverbände wie die Brigade Halle und ähnliche Strukturen aus Bitterfeld und Merseburg erscheinen regelmäßig bei LEGIDA. Wer hier also einfach nur von randalierenden Fußballfans spricht, ignoriert die politische Dimension der Angriffe vollkommen.

Deshalb muss hier nochmals Kritik an den Ordnungsbehörden geübt werden. Denn während unsere Demo durch die Einschätzung des sächsischen Verfassungsschutzes als potentiell gefährlich eingestuft und daher stark beauflagt wurde, konnten rechte Akteur_innen unverhohlen den Angriff ankündigen und planen. Während uns die Nähe zu „militanten Linksextremisten“ vorgeworfen wird, die sich unter unsere Demo mischen könnten, verwüsten rechte Gewälter_innen einen ganzen Stadtteil. Die in dem Bericht des Verfassungsschutzes vorgelegten Gründe entbehren sich jeglicher Grundlage, was wir Montag auch bewiesen haben. Während vermeintliche Blockadeversuche anscheinend schon reichen, um uns die Nähe zum „militanten“, „linksextremem“ Spektrum vorzuwerfen, wird seit Monaten im Internet durch Rassist_innen gehetzt, gedroht und beschimpft. Reaktion der Ordnungsbehörden: „Die sind doch alle friedlich“. Das geht zumindest aus dem Auflagenbescheid hervor, in dem LEGIDA grundsätzlich keinerlei Gewaltbereitschaft attestiert wird im. Hier zeigt sich deutlich ein Bild der Kriminalisierung linker Aktivist_innen, welches wir nicht unkommentiert stehenlassen können. Während wir uns für Geflüchtete und Weltoffenheit einsetzen und zahlreiche Repressionen erfahren müssen, brennen in Deutschland täglich Geflüchtetenunterkünfte. Das zeigt klar, wie die Behörden Gewalt gleichsetzen, wie simpel sie sich der Extremismustheorie bedienen, ohne sie zu hinterfragen. Diese Gleichsetzung ist unerträglich geworden!

Dennoch: Schon am Montagabend organisierten sich in Connewitz Frewillige, die zu Solidarität und Selbstschutz ausübten und dazu aufriefen. Übertroffen wurde das noch von einer Demo am nächsten Abend, die sich gegen die rechten Ausschreitungen wandte und für die jetzt nötige Solidarität einsetzte. Zu dieser durch und durch friedlichen Demonstration kamen 2000 Menschen, trotz der Kurzfristigkeit. Das lässt wieder hoffen. Es wurde klargemacht, dass rechte Gewalt keinen Platz in unserer Stadt oder sonst wo hat. Aber auch, dass es viele Menschen gibt, die bereit sind, gegen rechten Terror vorzugehen und ihn nicht unbeachtet stehen lassen können. Darüber sind wir froh, und solidarisieren uns mit ihnen.

Zusammengefasst: Es waren am Montag bis über 3000 Menschen auf den Gegenveranstaltungen und das trotz kontinuierlichen Regens. Die Stimmung auf dem Demozug war klasse! Ihr wart bunt, laut, standhaft und rundum einfach wunderbar, auch auf der Kundgebung. Das zeigt, dass es in Leipzig immer noch eine Öffentlichkeit gibt, die die Gefährdung durch die GIDA-Bewegung verstanden hat. Andererseits hat LEGIDA ebenfalls viele Menschen auf die Straßen gebracht, wenn auch mit großer Hilfe vonaußerhalb. Der Kern von LEGIDA ist wohl deutlich geschrumpft, weshalb sie am Ende ihrer Kundgebung darauf verwiesen, zukünftig nur noch monatlich marschieren zu wollen. Ihnen scheint bewusst geworden zu sein, dass es für wöchentliche Aufmärsche nicht reichen wird. Trotzdem müssen wir – nicht zum ersten Mal – hinterfragen, wo die Stadtgesellschaft geblieben ist. Die Lichterkette bestand laut Zählungen aus ca. 2000 Menschen, laut des Initiators angeblich aus weitaus mehr Teilnehmenden. In Leipzig leben jedoch über 550.000 Menschen. Das „weltoffene“ Leipzig, wie es immer nach außen propagiert wird und auch so in überregionalen Tageszeitungen regelmäßig betitelt wird, kann nur so lange weltoffen und bunt bleiben, wie Rassist_innen bekämpft werden. Rechte Gewalt, wie wir sie am Montag auch erlebten, zielt nicht nur auf linke und alternative Zentren, sondern gegen alles, was den Nazis nicht ins Weltbild passt. Es sollte also nicht nur im Sinne aller Akteur_innen sein, LEGIDA und ihre rassistischen Geschwister von der Straße zu bekommen, sondern ein Anliegen aller Bürger_innen Leipzigs darstellen.


PM: „Legida? Läuft Nicht!“ erhält Anerkennungspreis – Aufruf zur Demonstration

Posted: November 13th, 2015 | Author: | Filed under: General | Kommentare deaktiviert für PM: „Legida? Läuft Nicht!“ erhält Anerkennungspreis – Aufruf zur Demonstration

Am Montag, den 9.11.2015 wurde das Bündnis Leipziger Studierender “Legida? Läuft Nicht!” im Rahmen der Verleihung des Sächsischen Förderpreises für Demokratie mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet.

Die Jury begründete ihre Entscheidung mit dem stetigen Engagement der Gruppe im Zuge der Proteste gegen Legida, der Aufklärungsarbeit gegen Rassismus und Diskriminierung sowie dem Einsatz bei der Unterstützung geflüchteter Menschen in Leipziger Asylunterkünften. Malin Richter, Pressesprecherin des Bündnisses, kommentiert: “Wir haben die Auszeichnung mit Freuden entgegengenommen und fühlen uns im Weiterführen und Ausbauen unseres Engagements bekräftigt!”

Aus Sicht des Bündnisses “Legida? Läuft Nicht!” wurden die Konsequenzen rechter Aufmärsche lange nicht hinreichend ernstgenommen. Dabei stellten sie den Nährboden für politisch motivierte Gewalt dar. Mit Blick auf die fast täglichen Übergriffe auf Geflüchtete und deren Unterstützer in den letzten Wochen sagt Richter: “Dresden, Heidenau, Magdeburg, Wismar, Brandenburg… Diese Liste ließe sich leicht ergänzen. Der Rassismus zeigt wieder seine menschenverachtende Fratze. Für uns steht fest: Deutschland erlebt keine „Flüchtlingskrise“; Deutschland erlebt eine rechte Krise!”

Das Bündnis “Legida? Läuft Nicht!” versucht, mit seiner Arbeit einen Beitrag zur antirassistischen Arbeit in Leipzig zu leisten und tritt ein für Gleichberechtigung und Akzeptanz anstelle von Ausgrenzung und Hass. Richter appeliert abschließend: “Ein gewaltfreies und gleichberechtigtes Zusammenleben kann es nur unter Beteiligung der gesamten Gesellschaft geben. Deshalb engagiert euch, es ist an uns allen! Das Handeln der aufkeimenden fremdenfeindlichen Bewegungen ist ein Angriff auf die demokratischen Prinzipien dieser, unserer Gesellschaft. Lasst uns dem gemeinsam entgegentreten!”

Für Montag, den 16.11.2015 lädt das Bündnis wieder zur Demonstration, diesmal unter dem Motto „Laternen gegen Legida.“, ein. Startpunkt ist 18:00 Uhr an der Moritzbastei Leipzig. Facebook-Veranstaltung.

Pressemitteilung: Leipzig, 13. November 2015


Redebeitrag zur Verleihung des Sächsischen Förderpreises für Demokratie

Posted: November 12th, 2015 | Author: | Filed under: General | Kommentare deaktiviert für Redebeitrag zur Verleihung des Sächsischen Förderpreises für Demokratie

Der folgende Beitrag ist für die Preisverleihung des Sächsischen Förderpreises für Demokratie am 9.11.2015 verfasst, wurde dort aber nicht gehalten.

Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für die Verleihung des Förderpreises, den wir gerne, jedoch auch überrascht entgegennehmen. Überrascht, weil uns die Universität vorgeschlagen hat und wir uns nicht immer ihrer Unterstützung bewusst waren. Und auch, weil unseres Erachtens nach jedes andere der vorgeschlagenen Projekte hier stehen könnte.

Wir möchten diese unverhoffte Plattform nutzen, um einige Dinge anzusprechen, die uns beschäftigen. Unsere Namen und Gesichter sollen hier keine Rolle spielen, da wir stellvertretend für eine Gruppe von Menschen stehen, die durch unsere Demonstration in Leipzig heute verhindert sind.

Heute ist der 9. November. Es wird nicht nur dem Fall der innerdeutschen Mauer gedacht, sondern auch des 77. Jahrestages der Reichspogromnacht von 1938. Des Tages, an dem im ganzen Land Zerstörung, Gewalt und Mord gegenüber jüdischen BürgerInnen einen neuen Höhepunkt fanden. An diesem Gedenktag versammeln sich in vielen deutschen Städten sogenannte „besorgte Bürger“, Reihe in Reihe mit Rechtsradikalen, um ihre Fremdfeindlichkeit und den Ruf nach Ausgrenzung zu skandieren. Dass sie hierbei das Andenken der während des Nationalsozialismus Verfolgten mit Füßen treten, scheint genauestens kalkuliert zu sein.

„Legida? Läuft nicht.“ hat sich im Januar als studentisches Bündnis gegründet, um zu den Gegenprotesten zu mobilisieren. Dem Aufruf gegen Rassismus, Nationalismus und rechte Hetze folgten zuerst über 30.000 Menschen. Es bestand Konsens darüber, dass fremdenfeindliche Ressentiments in dieser Gesellschaft keinen Platz haben. Über Monate zeigte sich der Protest der vielen Leipziger Initiativen kreativ und entschlossen. Dennoch, trotz offener Fremdenfeindlichkeit und hetzerischen Aussagen kann Legida auch nach 10 Monaten beinahe wöchentlich auflaufen. Gleichzeitig sind Woche für Woche weniger Menschen bei den Gegenprotesten. Wie kann das sein? In Leipzig wohnen weit über eine halbe Million Menschen. Die teilen sicher nicht alle die Ansichten Legidas. Herrscht allgemeines Desinteresse? Oder werden die Vorgänge nicht ernstgenommen?
Wir sehen noch einen anderen Grund: In Leipzig kommt es zur systematischen Unterdrückung des Gegenprotestes. Friedlicher Aktionismus wird erschwert, kriminalisiert und teils gewaltsam beiseite geräumt. Gleichzeitig wurde und wird Legida bevorzugt behandelt, wird geradezu der Weg bereitet. Eigentlich ein Skandal. Die nötige kritische Öffentlichkeit fehlt in unseren Augen. Damit sie wissen, wovon wir sprechen:
Kontrollen, Identitätsfeststellungen und Platzverweise gegen (vermeintliche) AktivistInnen, pauschales Abfilmen des Gegenprotestes, der ständig kreisende Polizeihubschrauber und neuerdings auch drohende Wasserwerfer am Rande der Demonstrationsrouten. Einschränkungen bei Versammlungsanmeldungen, schlechte Zugänge und weite Wege, im Gegensatz zu sicheren Zugängen für Legida-TeilnehmerInnen, auch durch unsere Gegenkundgebungen hindurch. Vollständiges Einzäunen der Legida-Aufzugsroute durch Hamburger Gitter und Polizeibusse. Rabiates Vorgehen, Schubsen, Schreien und Zustürmen auf friedliche Menschen, Tritte, Knüppel und Pfefferspray gegen Sitzblockaden – Deeskalation geht anders.
Lange wurden die Konsequenzen der rechten Aufmärsche nicht ernstgenommen. Dabei sind sie der Nährboden für politisch motivierte Gewalt. Jüngst blicken wir auf eine Reihe erneuter Pogrome zurück. Dresden, Heidenau, Magdeburg, Wismar… Fast täglich lesen und hören wir in verschiedenen Nachrichten von Übergriffen auf Geflüchtete oder Helfende. Der Rassismus zeigt wieder seine
menschenverachtende Fratze. Deutschland hat keine „Flüchtlingskrise“: Deutschland erlebt eine rechte Krise!

Ohne die Gräuel des Nationalsozialismus verharmlosen zu wollen: Die Parallelen sind sichtbar. In Jahren des Geschichtsunterrichtes wurde dieses Thema nicht immer wieder behandelt, damit wir jetzt schweigend wegsehen. Die Frage geht an jede und jeden einzelnen: Zeige ich die nötige Initiative?

Die angesprochenen Probleme betreffen die gesamte Struktur dieser Gesellschaft und wir nehmen auch uns nicht davon aus. Immer noch gelten Menschen als verschieden viel Wert. Wer vor 40 Jahren Menschen aus der DDR in die BRD schmuggelte, wird heute als Held gefeiert. Wer heute das gleiche mit Geflüchteten tut, wird kriminalisiert, mit dem Freiheitsentzug bedroht. Denn es sind ja keine Deutschen MitbürgerInnen, die es da über die Grenzen schaffen. Gleichzeitig beschließt der Bundestag eine unsägliche Verschärfung der Asylgesetze und entrechtet damit pauschal eine Gruppe hilfsbedürftiger Menschen, spricht dabei von Grenzen der Integration und legitimiert damit implizit Ausgrenzung. Ein Armutszeugnis für eines der wohlhabendsten Länder der Welt.

Wir möchten auch den positiven Erfahrungen Platz einräumen. Es ermutigt zu sehen, dass es eine Demonstrationskultur in unserer und in anderen Städten gibt, dass Menschen auf die Straße gehen, um sich für eine heterogene Gesellschaft aus zu sprechen. Ein Moment mit Symbolkraft: Hunderte Beteiligte sitzen friedlich auf der Straße, die Marschroute wird abgesagt. Und durch die Straßen schallt es: „LEGIDA? LÄUFT NICHT!!!“
Für uns heißt es: Weiter machen, positiv bleiben und mehr Menschen motivieren. Durch stetige inhaltliche Auseinandersetzung ein Bewusstsein zu schaffen, führt hoffentlich zu einer allgemeinen Sensibilisierung. Damit sich mehr Menschen befähigt sehen, gegen rechte Ideologien aktiv zu werden, damit eine größere Solidarität in der Gesellschaft entsteht und auch, damit der Protest immer lauter wird. Der Bedarf ist da. Ein Beispiel: Die von uns eingeladene Bühne für Menschenrechte spielte bei der Veranstaltung „Asyldialoge“ vor ausverkauften Reihen.
Wir hoffen, durch unser Tun einen Beitrag zu leisten. Für Gleichberechtigung und Akzeptanz anstelle von Ausgrenzung und Hass. Für eine selbstkritische Auseinandersetzung. Und für ein gewaltfreies Zusammenleben. Das funktioniert aber nur durch breite Beteiligung. Deshalb unser Appell: Engagiert euch, es ist an uns allen!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


9.11.15 – Redebeitrag zur Demonstration „Kein Montag wie jeder andere“

Posted: November 10th, 2015 | Author: | Filed under: General | Kommentare deaktiviert für 9.11.15 – Redebeitrag zur Demonstration „Kein Montag wie jeder andere“

Der 9.11. ist ein wichtiger Gedenktag: 1938, vor 77 Jahren erfolgten im ganzen Land organisierte Gewalt, Zerstörung und Mord gegen Jüdische Bürger*innen, gewachsen auf die Hetze des nationalsozialistischen Regimes. Diese grausamen Verbrechen dürfen niemals in Vergessenheit geraten.
Gerade Heute. Menschen rechter Gesinnung zeigen sich mit einer neuen Selbstsicherheit. Vielerorts finden ihre Fremdfeindlichkeit Anschluss und der Ruf nach Ausgrenzung wird laut. Systematische Diskriminierung, völkische Parolen und rechte Hetze sind dieser Tage keine Seltenheit mehr.
Ja, das betrifft momentan nur eine Minderheit. Aber es stell sich die Frage: Was ist mit dem Rest der Gesellschaft? Wo bleibt der breite Widerspruch, wo das entschlossene Entgegentreten? In Leipzig rotten sich bei Legida Woche für Woche etwa 500 selbsternannte „Besorgte Bürger“ zusammen. In ihren Reihen stehen zahlreiche Rechtsradikale. 500 bis 1000 Menschen protestieren wöchentlich dagegen. Und wenigstens ein paar Mal konnte der Aufmarsch verkürzt oder gar verhindert werden. Aber: In Leipzig wohnen weit über eine halbe Million Menschen. Die teilen sicher nicht alle die Ansichten Legidas. Ist ihre Resignation so groß? Herrscht allgemeines Desinteresse? Oder werden die Vorgänge nicht ernstgenommen?

Dresden, Heidenau, Freital, Magdeburg, Wismar… Die Liste der widerwärtigen Angriffe in diesem Jahr zählt mehr als 450 Einträge. Brandanschläge und gewaltsame Übergriffe gegen geflüchtete Menschen sind beinahe an der Tagesordnung. Deutschland hat keine „Flüchtlingskrise“: Deutschland erlebt eine rechte Krise!

Auf keinen Fall sollen die Gräuel des Nationalsozialismus verharmlost werden. Aber die Parallelen sind sichtbar. In Jahren des Geschichtsunterrichtes wurde dieses Thema nicht immer wieder behandelt, damit wir jetzt schweigend wegsehen. Nach den erneuten Pogromen geht die Frage an alle: Handeln wir dem Bedarf entsprechend? Wer wird das nächste Pogrom verhindern? Warum sind jetzt gerade nicht alle auf der Straße und zeigen den neurechten Hetzern eindeutig: „Nicht mit uns!“?

Momentan beherrschen Aussagen den öffentlichen Diskurs, die vor einigen Jahren aus gutem Grund noch unaussprechlich waren. Die Minderheit der geflüchteten Menschen, vor großem Leid geflohen und nur gegen erhebliche, oftmals lebensbedrohliche Widerstände hierhergelangt, wird als Feindbild herangezogen. Dies dient als Nährboden für Gruppierungen wie Pegida und angeschlossenen, die vormals diffus gegen den Islam wetterten und sich in ihrem kruden Mangeln an Menschlichkeit nun auf Geflüchtete Menschen eingeschossen haben. Mit ihrem völkischen Populismus versuchen sie, die Gesellschaft an ihre abartige Sicht zu gewöhnen, dabei Schüren sie Angst und Wut mit dem Ziel, Ausgrenzung und Gewalt gegen alle zu legitimieren, die nicht in ihr nationalistisches Weltbild passen.

Nach zahlreichen Anschlägen auf Geflüchtetenunterkünfte mutmaßen Behörden, eine ausländerfeindliche Motivation sei „möglicherweise nicht ausgeschlossen.“
Gleichzeitig beschließt der Bundestag eine unsägliche Verschärfung der Asylgesetze und entrechtet damit pauschal eine Gruppe hilfsbedürftiger Menschen. Spricht dabei von Grenzen der Integration und fördert damit implizit das Bild, geflüchtete Menschen seien die Schuldigen. Ein Armutszeugnis für eines der wohlhabendsten Länder der Welt.

Gerade tritt lediglich zu Tage, was latent schon seit Jahren schlummert. Denn die angesprochenen Probleme betreffen die gesamte Struktur dieser Gesellschaft, und wir nehmen auch uns nicht davon aus. Immer noch gelten Menschen als verschieden viel Wert. Wer vor 40 Jahren Menschen aus der DDR in die BRD schmuggelte, wird heute als Held gefeiert. Wer heute das gleiche mit Geflüchteten tut, wird kriminalisiert, mit dem Freiheitsentzug bedroht. Denn es sind ja keine Deutschen Mitbürger, die es da über die Grenzen schaffen.

Zurück nach Leipzig:
Die Einschränkungen bei der Anmeldung von Versammlungen, der oft schlechter Zugang und die weiten Wege. Gleichzeitig der sichere Zugang für Legida-Teilnehmer von allen Seiten, durch Gegenkundgebungen hindurch. Die unvollständige Regelung des Verkehrs und teilweise Umleitung durch den Protest. Pauschale Durchsuchungen, Kontrollen, Identitätsfeststellungen und Platzverweise gegen alle, die nach Aktivisten aussehen. Das ständige Abfilmen des Gegenprotestes. 4400 Polizisten in der Stadt, nach dem Legida wahnwitzige 100.000 Demonstranten angekündigt hat. Jedes Mal der kreisende Polizeihubschrauber, neuerdings ein aufgefahrener Wasserwerfer. Die Abschirmung und Einschüchterung von Vertretern der Presse und der Demobeobachtung. Die öffentliche Diffamierung der Protestierenden als potenziell gewaltbereit. Die Mangelnde polizeiliche Präsenz gegen frei in der Stadt herumlaufende Truppen von Hooligans. Die vollständige Einzäunung der Legida-Route mit Hamburger Gittern, die 10 Meter breite Schutzzone, die Wand aus Polizeibussen und immer kleinere Flächen, die Protest in Sicht- und Rufweite verhindern. Die Toleranz für die Ausübung von Hitlergrüßen und Vermummungen auf Seiten Legidas.
Das rabiate Vorgehen der Polizei, das Geschubse, Geschreie und Gestürme. Das Abdrängen vor Straßenbahnen. Tritte, Knüppel und Pfefferspray gegen Sitzblockaden. Ein aus dem Legida-Mob getretener Böller wird von Polizisten in die Menge der Gegendemonstranten getreten. Ein Demonstrant wird mit voller Wucht gegen einen Pfeiler geschleudert und dann halb besinnungslos zu Boden geworfen. Eine Sitzblockade wird von der Pferdestaffel durchritten. Eine Gruppe von 30 Hooligans mit Holzlatten greift Gegendemonstranten im Leipziger HBF an, die gerade aus Dresden zurückkehrt sind. Dabei ein bekannter Neonazi mit gezücktem Messer. Die Liste geht noch weiter.
Diese gesammelten, teils skandalösen Eindrücke aus 10 Monaten des Protests führen uns zu der Ansicht: In Leipzig kommt es zur systematischen Unterdrückung des Gegenprotestes. Friedlicher Aktionismus gegen eine offen rassistische Gruppe von Hetzern wird erschwert, kriminalisiert und teils gewaltsam beiseite geräumt. Gleichzeitig wurde und wird Legida bevorzugt behandelt, ja geradezu der Weg bereitet. Eigentlich ein Skandal. Wir sehen leider nicht, dass es die nötige kritische Öffentlichkeit gäbe.
Trotzdem soll auch an dieser Stelle den positiven Erfahrungen der gebührende Platz eingeräumt werden. Es ist ermutigend zu sehen, dass es eine Demonstrationskultur in unsere Stadt gibt, dass Menschen auf die Straße gehen und ihre Haltung für eine heterogene Gesellschaft bekunden. Ein Moment an den wir dabei gerne denken: Hunderte beteiligte Menschen sitzen friedlich auf der Straße, die Marschroute wird abgesagt. Und durch die Straßen schallt es: „LEGIDA? LÄUFT NICHT!!!“

Welche Schlüsse ziehen wir daraus? Effektiver Protest ist wichtig und er ist möglich. Umso leichter, je mehr Menschen teilnehmen. Es ist an uns allen! Doch Widerstand ist nur ein Aspekt. Genauso gilt es, Bewusstsein zu schaffen und eine kritische Öffentlichkeit zu stärken. Support darf nicht an der eigenen Bequemlichkeit scheitern. Es bedarf der Inhaltlichen Auseinandersetzung genauso wie der gelebten Solidarität; in der gesamten Gesellschaft! Damit jeder weiß: Legida? Läuft Nicht!
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!


9.11.2015 – Kein Montag wie jeder andere

Posted: November 3rd, 2015 | Author: | Filed under: General | Kommentare deaktiviert für 9.11.2015 – Kein Montag wie jeder andere

Seit Januar 2015 marschiert nahezu wöchentlich Legida durch Leipzig. Schon in den Anfängen wurde deutlich, dass die vermeintlich „besorgten Bürger“ tatsächlich eine Melange aus Rassist_innen, Antisemit_innen und gewaltbereiten Nazis sind, die gegen Geflüchtete, Muslim_innen und Andersdenkende hetzen.

Schien die Zahlvon mehreren tausend Legida-Teilnehmer_innen im Frühjahr abzunehmen, so ist aktuell festzustellen, dass die Zahl wieder steigt. Mit der „Offensive für Deutschland“ kamen weitere Demonstrationen der extremen Rechten hinzu. Diese gewinnt im aktuellen gesellschaftlichen Klima an Selbstvertrauen. Fast täglich brennen Asylunterkünfte in Deutschland und auch Bedrohungen und tätliche Angriffe auf Geflüchtete, People of Color ¹, Linke, Journalist_innen und Politiker_innen nehmen zu. Der Staat reagiert wie auch in den 90er-Jahren auf den rassistischen Konsens mit einer erneuten Verschärfung des Asylrechts, durch welche geflüchtete Menschen weiter kriminalisiert, schikaniert und isoliert werden. Diese Politik bestätigt Rassist_innen und Nazis in ihrem Tun.

Jüngst bedrohten auch im Hauptbahnhof dieser Stadt Nazis Gegendemonstrant_innen mit Stangen und einem Messer. Die Polizei vor Ort sah es nicht einmal als notwendig an, die Personalien der angreifenden Nazis aufzunehmen. Auch an anderen Stellen in der Stadt trauen sich Menschen inzwischen offen ihre menschenverachtende und nazistische Gesinnung zum Ausdruck zu bringen.

Diese gesellschaftliche Entwicklung ist besorgniserregend. Es ist unerträglich, wenn Rassist_innen und Nazis aufmarschieren, den öffentlichen Raum einnehmen und ihre menschenverachtende Hetze verbreiten können – egal wo und wann. Nun möchte Legida jedoch auch für den 9.11. mobilisieren, den Jahrestag der Reichspogromnacht. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden im gesamten Deutschen Reich systematisch Synagogen und andere jüdische Einrichtungen sowie Wohnungen und Geschäfte jüdischer Menschen zerstört und Jüd_innen ermordet und in den Suizid getrieben. Es ist noch unerträglicher, wenn die organisierte Rechte und rassistische Bürger_innen an diesem historischen Tag durch die Stadt marschieren, vorbei an Gedenkstätten jüdischer Personen, deren Gedenken dabei mit Füßen getreten wird.

Wir werden nicht zulassen, dass Legida an diesem Tag in Leipzig ungestört marschiert! Wir werden auf die Straße gehen und deutlich machen, dass es für Rassismus und Antisemitismus in dieser Stadt keinen Platz geben darf!

Rechter Hetze widersetzen!

Wir rufen auf: Kommt alle zur Demonstration um 17.00 Uhr am 9.11.15.

¹ People of Color ist eine Selbstbezeichnung von negativ von Rassismus betroffenen Menschen.

FBVA


Zur geplanten Asylrechtsverschärfung

Posted: Oktober 15th, 2015 | Author: | Filed under: General | Kommentare deaktiviert für Zur geplanten Asylrechtsverschärfung

Am heutigen Mittwoch, 14.10.2015 haben Leipziger Aktivist*innen mit einer ungewöhnlichen Form des Protests ihre Stimme gegen die geplante Asylrechtsverschärfung erhoben: Sie errichteten einen kleinen Grenzzaun vor der Tür des Wahlkreisbüros der SPD-Bundestagsabgeordneten Daniela Kolbe. Diese hatte bereits in der letzten Asylrechtsverschärfung im Juli mit „Ja“ gestimmt. Die Gruppe veröffentlichte eine Stellungnahme, in der sie das Sichere-Herkunftsstaaten-Paradigma kritisierte und die SPD aufforderte, eine politische Grenze nach rechts zu ziehen.

Bei der Aktion wurde die Tür des Büros der SPD-Bundestagsabgeordneten Daniela Kolbe mit einem Zaun blockiert, sodass deren MitarbeiterInnen zunächst nicht ins Gebäude gelangen konnten. Der Zaun war, wie auf dem untenstehenden Foto zu sehen, mit Draht und einem Plakat folgender Aufschrift versehen: „Stop! Sie kommen aus einem sicheren Herkunftsstaat! Sie wollen nur zum Arbeiten hier hinein.“

Der Anlass für die Polit-Aktion war die Abstimmung im Bundestag und Bundesrat über das sog. Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz am Donnerstag, 15.10. und Freitag, 16.10. Dieses beinhaltet zahlreiche Einschränkungen der Rechte und Lebensbedingungen von Asylsuchenden, unter anderem für Menschen aus sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“.

Die Aktivist*innen veröffentlichten folgende Stellungnahme zu der Aktion:

„In der Bundesrepublik Deutschland werden Geflüchtete in den letzten zwei Jahren immer stärker in zwei Kategorien aufgeteilt. In immer mehr Lebensbereichen wird unterschieden zwischen angeblich „guten“ und „schlechten“ Schutzsuchenden, zwischen „Syrern“ und „Wirtschaftsflüchtlingen“, zwischen solchen, die jung und gut ausgebildet sind und nach 6 Monaten Deutsch können und denen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Im Asylverfahren geht es jedoch um die persönlichen Erlebnisse im Herkunftsstaat und um die Einhaltung der Menschenrechte. Eine pauschale Kategorisierung, z.B. nach Nationalität, hat hier nichts zu suchen.

Besonders kritisch sehen wir den schärfer und schärfer werdenden Umgang mit Menschen aus Balkanstaaten. Verfolgung bedeutet nicht nur Folter oder Todesstrafe – Verfolgung bedeutet auch Ausschluss von Gesundheitssystem, Bildungssystem, Arbeitsmarkt und Gesellschaft aufgrund der Zugehörigkeit zu den Rom*nija. Verfolgung bedeutet auch Todesdrohungen und Entführungen, weil man die staatlich getragene Korruption bei der Polizei angezeigt hat. Verfolgung kann es in jedem Staat geben. Das Recht auf Asyl muss bei allen Geflüchteten nicht nur pro forma, sondern ergebnisoffen geprüft werden.

Auch die Lebensbedingungen müssen für alle Antragsteller*innen gleich sein. Bis zur ordentlichen Entscheidung über den Asylantrag ist nicht klar, ob eine Person ein Recht auf Schutz im Sinne der deutschen Asylgesetzgebung hat – egal, welchen Pass sie besitzt. Sie darf nicht in gefängnisähnlichen Aufnahmelagern festgehalten werden oder durch das Ausgeben von Sachleistungen anstelle von Geld daran gehindert werden, sich eine Anwält*in zu nehmen.

Wir greifen mit unserer Aktion die Asylpolitik der SPD an, die nicht mehr sozialdemokratisch genannt werden kann. Die SPD und auch Daniela Kolbe stimmten im Juli dieses Jahres bereits der letzten Asylrechtsverschärfung zu. Die wenigen dort enthaltenen Verbesserungen, die Frau Kolbe für ausschlaggebend für ihre Zustimmung erklärte, werden durch das aktuelle Gesetz rückgängig gemacht. So wurde in der Asylrechtsverschärfung vom Sommer z.B. festgelegt, dass langjährig Geduldete einen Aufenthaltstitel erlangen sollen. Nun wird derselben Personengruppe (Geduldete, welche nach Behördeneinschätzung „ihre Abschiebehindernisse selbst zu vertreten haben“) ein Ausbildungs- und Arbeitsverbot ausgesprochen. Bis sie nach 6-8 Jahren also einen Aufenthaltstitel erhalten, sind diese Personen gezwungen, von Hartz IV zu leben. Dies ist eine Taktik, um Menschen zu zermürben und so trotz der dramatischen Umstände im Heimatland zu einer Ausreise zu bringen.

Öffentlich distanziert sich Daniela Kolbe von der bayrischen Abschreckungspolitik und schlägt doch im selben Atemzug eine Abschreckung von Schutzsuchenden vom Balkan vor: „Das funktioniert, weil sie einfach von vornherein wissen, dass sie relativ zügig wieder ausreisen müssen.“ (http://www.mdr.de/mdr-info/fluechtlingsgipfel100.html)

Außenminister Steinmeier von der SPD behauptet, die Akzeptanz der Menschen in Deutschland für die Aufnahme von Flüchtlingen könne nur erhalten werden, (…) wenn chancenlose Asylbewerber rasch Klarheit erhielten (http://www.sueddeutsche.de/po…/asyl-kein-tabuthema-1.2601305). Er schließt sich mit dieser Aussage der rechten Darstellung an, dass die Ursache für Flüchtlingsfeindlichkeit bei den Flüchtlingen selbst zu suchen sei, anstatt bei deutschen Rassist*innen.

Insgesamt scheinen große Teile der SPD das Sichere-Herkunftsstaaten-Paradigma zu teilen!

Die Länderberichte jedoch, die das Bun12080345_543233095824612_4927851254744429447_odesamt für Migration und Flüchtlinge bei seinen Entscheidungen über Asylanträge verwendet, bauen oft auf falschen Tatsachen auf. Sie beruhen nicht auf detaillierten Nachforschungen vor Ort oder sind veraltet. Auch in den Balkanstaaten sind beispielsweise zahlreiche Menschen ernsthaft von organisierter Kriminalität, die mit dem Staat zusammenarbeitet oder von diesem mindestens gebilligt wird, bedroht. Zahlreiche Krankheiten können überhaupt nicht behandelt werden, was durch direkte Nachfragen eines sächsischen Verwaltungsgerichts bei Krankenhäusern vor Ort bestätigt wurde. Es existiert zudem ein ernstzunehmender Anti-Romaismus durch Gesellschaft und staatliche Institutionen, der gerade in der deutschen Gesellschaft mit angemessener Aufmerksamkeit verfolgt werden sollte.

Wir wenden uns mit unserer Aktion an Daniela Kolbe als SPD-Wahlkreisabgeordnete für Leipzig und nicht an die CDU, die das Gesetz maßgeblich vorantreibt. Der Grund hierfür ist, dass die SPD (und ihre Wähler*innen) sich im Gegensatz zur CDU grundsätzlich als eine Partei versteht, die soziale Verantwortung übernimmt, gerade gegenüber prekarisierten Gruppen.

Wir verstehen nicht, wie Sie dies mit dem Gesetzesentwurf vereinbaren können, Frau Kolbe. Üben Sie Druck in Ihrer Partei aus, damit diese das Recht auf Sicherheit, Unversehrtheit und ein gutes Leben als ein unantastbares Gut unabhängig von Staatsangehörigkeit behandelt!

Grenzen Sie sich als Politikerin und als Partei wieder deutlich von rechter Argumentation und rechter Realpolitik ab!“
Quelle: indymedia.org/node/6182/